In der Bundesrepublik gilt der Denkmalschutz nur eingeschränkt. Über Schmierereien am Sowjetischen Ehrenmal und am Thälmann-Denkmal.

Ein Gespräch mit Max Renkl
Max Renkl ist Vorsitzender des Freundeskreises Ernst Thälmann e. V., Ziegenhals-Berlin

Quelle: Berliner Anstoss 02/2022

In den vergangenen Wochen gab es Anschläge auf das Sowjetische Ehrenmal in Treptow und auf das Thälmann-Denkmal in Prenzlauer Berg. Siehst du da einen Zusammenhang?
Ja, den sehe ich durchaus. Diese Attacken stehen vor dem Hintergrund der momentanen Hetze gegen alles Russische und auch gegen Russland selbst. Nach meinem Eindruck sind diese Schmierereien deren erste Auswirkungen. Das sind jetzt die Taten, die den Worten folgen. Und das ausgerechnet am Treptower Ehrenmal, wo ja auch gerade viele ukrainische Rotarmisten begraben liegen, die bei der Befreiung Berlins gefallen sind. Die Heimatfront dreht gerade ziemlich durch.
Aber weiß man denn, wer für diese Anschläge verantwortlich ist?
Nein, ich muss einräumen, wir wissen nicht, ob das Faschisten waren oder akut aufgehetzte Leute.

Aber wir wissen um dieses aufgeheizte Klima. Die Töne der Vernunft und des Friedens sind dagegen mehr oder weniger verstummt. Vor diesem Hintergrund sehe ich uns in der Pflicht, dass wir uns um diese Gedenkstätten und Mahnmale kümmern bzw. sie etwa um den 8./9. Mai auch schützen.
Auf das Thälmann-Denkmal wurde geschmiert: »Der Kreml muss brennen«. Wieso verfällt jemand auf den Gedanken, auf einem solchen Denkmal eine antirussische Parole anzubringen? Da besteht doch kein unmittelbarer inhaltlicher Zusammenhang.
Richtig, aber so etwas erleben wir auch an anderen Orten. An einer US-amerikanischen Universität zum Beispiel wurde ein Seminarraum, der den Namen von Karl Marx trug, im Zuge des Ukraine-Kriegs umbenannt. Um es kurz zu machen: Hier trifft sich Russophobie mit dem deutschen Antikommunismus. Dort, wo Hammer und Sichel prangen, wie auf dem Thälmann-Denkmal, – zudem geschaffen von einem russischen Künstler, Lew Kerbel –, an dem eines Kommunisten gedacht wird, der für die Sowjetunion eingetreten ist und der ein eindeutiger Kriegsgegner war, dort sieht man rot und geht dagegen vor.
Jüngst sind die Schmierereien übermalt worden. Jetzt steht da in großen weißen Lettern auf rotem Grund über den Schriftzug »Ernst Thälmann« gemalt: »Held«. Schändung oder zu begrüßende Gegenmaßnahme?
Schwierige Frage. Es gibt Bündnispartner, Freunde, Genossen, die das als Schändung betrachten. Allerdings sind sich alle einig, dass es so immerhin besser ist als vorher. Gleichwohl müssen wir den Bezirk weiterhin in die Pflicht nehmen, dass er sich für den Erhalt und den Schutz dieses Denkmals einsetzt. Er hat ja auch 180.000 Euro locker machen können für eine künstlerische Kommentierung. Aber er ist seit zwei Jahren nicht in der Lage, eine angekündigte Sanierung durchzuführen, und beruft sich dabei auf Haushaltssperren.
Ende März kursierte von Seiten der CDU in der Bezirksverordnetenversammlung die Forderung, das Denkmal einzuschmelzen und den Erlös des verkauften Metalls an die Ukraine zu spenden. Wie ist da der jetzige Stand?
Da hat sich ein CDU-Hinterbänkler aus Pankow in einer Mischung aus Russophobie und Antikommunismus wichtig machen wollen. Dennoch ist das aus unserer Sicht ein weiterer Versuch, Thälmann nochmals zu ermorden. Die BVV hat über den entsprechenden Antrag aus Zeitgründen noch nicht beraten. Er soll jetzt am 4. Mai verhandelt werden. Wir rufen bereits zu Protesten auf.
Vertreter von Grünen, SPD und Linkspartei haben diese Forderung zurückgewiesen. Die dürften indes nicht in Verdacht stehen, für Thälmann irgendwelche Sympathien zu hegen. Was sind deren Motive?
Ein Abriss des Denkmals könnte bis zu fünf Millionen Euro kosten. Seit Mitte der 1990er Jahre liegt bereits ein Abrissbeschluss vor, der bislang aus Kostengründen nicht umgesetzt wurde. Außerdem dürfte mit der künstlerischen Kommentierung, die eine Diffamierung des gesamten Thälmann-Parks, des Denkmals und der Person Thälmann darstellt, sowie mit einer weiteren geplanten Kommentierung durch eine Historikerkommission die Sache für Grüne, SPD und Linkspartei erledigt sein.
Dennoch ist Gefahr eines Abrisses real.
Ja. Der Beschluss ist ja nicht aufgehoben. Und wir wissen, dass der Denkmalschutz in der Bundesrepublik nicht für Arbeiteroder Kommunistendenkmäler gilt, und daher müssen wir uns diese Gefahr immer vor Augen führen.
Hat der Widerstand dagegen gute Chancen?
Ja, wir sind da zuversichtlich, denn wir sind nicht alleine.